Der Arterhaltungstrieb

 
Sätze wie "Meinen Fischen geht es gut, die vermehren sich schließlich" oder "Grade neue Fische eingesetzt, schon sind sie am balzen. Die haben sich direkt super eingelebt" kennt glaube ich jeder von uns.
 
Allerdings ist dies ein weit verbreiteter Irrglaube unter Aquarianern. Nur, weil sich ein Cichlide aus dem Malawisee vermehrt, heißt dies noch lange nicht, dass er sich wohl fühlt. Grade bei frisch eingesetzten Tieren, dient die Vermehrung nur einem Zweck - der Arterhaltung! Ein Malawi ist nicht nach zwei Tagen eingewöhnt. Dieser Eingewöhnungsprozess dauert in der Regel mehrere Wochen.
Wieso ist das so?
 
Wenn ihr neue Fische für das heimische Aquarium kauft, machen die Tiere einiges durch. Meist schwimmen die Tiere nur kurz beim Händler. Das heißt, sie werden aus ihrem Aufzuchtbecken raus gefangen, kommen zu einem Händler und erleben dort zumeist komplett andere Wasserwerte, mit denen sie zurecht kommen müssen. Hinzu kommt das dauernde raus fangen ihrer Nachbarn im Verkaufsbecken. Wenn sie dann auch irgendwann gefangen werden und erneut auf die Reise gehen, um bei Euch im Becken ein hoffentlich "Artgerechtes" zu Hause zu finden, geht der Stress erst einmal weiter. Sie müssen sich erneut auf komplett andere Wasserwerte einstellen. Von der neuen Umgebung und der Rangordnung (Reviere) mal ganz abgesehen. Ein gesunder Cichlide verträgt den Stress zwar meist ohne Probleme, aber dennoch weiß er nicht, wie es mit ihm weiter geht.
 
Nun greift der Arterhaltungstrieb. Die Fische vermehren sich, um noch möglichst viele Nachkommen auf die Welt zu bringen (Falls die Eltern sterben). Somit versuchen sie das überleben ihrer Art zu sichern, indem sie ihre Gene weiter geben. Würde es einen solchen Trieb nicht geben, so wäre die natürliche Artenvielfalt im Malawisee wohl wesentlich geringer.
 
Unwohlsein, bzw. die Angst vor baldigem Ableben lässt diesen Trieb oft erwachen. Man kann es auch "Instinkt" nennen.
Vielen ist sicher schon aufgefallen, dass grade in Verkaufsbecken beim Händler einige Weibchen die Backen voll haben. Ob die Tiere sich dort wohl fühlen, wenn ständig im Becken hantiert wird, um andere Fische zu fangen? Ich denke, die Antwort kennt jeder. NEIN! Die Tiere können sich mit dieser Situation lediglich für eine gewisse Zeit arrangieren. Dennoch wird hier wieder der Arterhaltungstrieb geweckt. Ein gewissenhafter Händler würde somit auch niemals empfehlen, die Tiere in der Endhaltung so zu halten, wie er es im Verkaufsbecken macht.
 
Dimidiochromis compressiceps chizumulu gold   Demir zgr1Bild oben: Exochochomis anageny
 
Was man auch ganz oft hört, sind Sätze wie "Mein 'Malawi' ist gestorben. Der hat gestern aber noch gebalzt und stand voll in Farbe. Da ging es ihm noch super". Auch hier - ein klares NEIN.
Warum wird das Tier wohl voll in Farbe gestanden haben?
Grade bei Malawis (Männchen) ist es so, dass man ohne schöne Färbung keine Dame beeindrucken kann. Er hat also noch einmal seine ganze Kraft gebündelt, um seine Gene ein letztes Mal weiter zu geben. Somit hat er wieder dazu beigetragen, dass die Art weiterhin existiert.
Ich habe das selber schon einmal mit einem Copadichromis trewavasae likoma Männchen erlebt. Er hat nach dem einsetzen nie Farbe gezeigt und lebte eher zurück gezogen. Nach 3 Wochen stand er dann plötzlich in Farbe, hat seine Weibchen angebalzt und tatsächlich eines der Weibchen voll gemacht. Da dachte ich noch, er sei endlich aufgetaut. Am nächsten Tag fand ich ihn dann tot im Becken.
Solche Berichte hört man immer wieder mal von Aquarianern. Die Tiere wissen einfach vorher schon, dass sie es nicht schaffen und versuchen je nach körperlichem Zustand noch einmal die Art und die Gene zu "retten".
Generell dient die Vermehrung bei den meisten Fischen/Tieren nicht zum Spaß, oder dem Wunsch nach Kindern, wie bei uns Menschen.
Ich beziehe diesen Bericht bis hierher bewusst nur auf Malawis, da es durchaus Arten gibt, die sich nur bei speziellen Wasserwerten vermehren und man darauf schließen kann, dass sie sich nur dann wohl fühlen. Aber auch bei diesen Arten gilt die Vermehrung nur dem Zweck, die Art zu erhalten.
 
Bei einigen dieser Arten verpilzen die Eier bei "falschen" Wasserwerten, oder die Jungtiere entwickeln sich nicht richtig. Somit spart sich der Fisch die Energie, weil er weiß, dass die Jungtiere keine Chance haben.
Andere Arten vermehren sich nur zu bestimmten Jahreszeiten (z.B. zur Regenzeit - oft ändern sich hier die Wasserwerte in dem Gewässer), damit die Jungtiere nicht in einer möglichen Trockenzeit aufwachsen müssen, wenn Futterknappheit herrscht. Der Instinkt der Tiere gibt also nicht vor, sich zu anderen Zeiten zu vermehren.
 
Diese "Probleme" sind für Malawis gar nicht bis kaum präsent, somit ist es recht einfach, Malawis zu vermehren.
Den Arterhaltungstrieb für andere Arten hier genauer zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen.
 
Metriaclima mbenjiBild oben: Metriaclima mbenji
 
 
Bericht: Malawi Germany
Bilder: Özgür Demir & Rebecca Tieseler